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Plastik aus Pflanzen – was steckt dahinter?

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Plastik aus Pflanzen | © Alexas_Fotos (CC0), Pixabay
Mit Bioplastik zum guten Gewissen?

Plastik ist allgegenwärtig. Es steckt in unserer Kleidung und ist Bestandteil der meisten Alltagsgegenstände. Viele Hersteller haben mittlerweile den Umstieg auf Bioplastik gewagt und setzen damit ein Zeichen gegen die Ausbeutung von Bodenschätzen und für mehr Umweltfreundlichkeit. Doch was genau verbirgt sich hinter dem Begriff Bioplastik und ist es tatsächlich so ökologisch wertvoll, wie es dem Endverbraucher suggeriert wird?

Weshalb wir eine Alternative zu Erdöl brauchen

Herkömmliche Kunststoffe werden vorwiegend aus Erdöl, Kohle oder Erdgas hergestellt. Dabei handelt es sich um fossile Bodenschätze, die nur begrenzt vorhanden sind.
Während uns Kohle und Erdgas noch einige hundert Jahre zur Verfügung stehen könnten, sieht sie Prognose betreffend das Erdöl lediglich noch wenige Jahrzehnte vor. Grund dafür sind unter anderem das kontinuierliche Wachstum der Weltbevölkerung und der Massenkonsum.

Allein in Deutschland liegt der Verbrauch an Erdöl jährlich bei über 100 Millionen Tonnen. Dabei steht uns das schwarze Gold nicht nur als wichtigster Energielieferant zur Verfügung, sondern findet sich auch in etlichen Produkten aus Plastik wieder.
Doch der Komfort, der damit einhergeht, hat einen hohen Preis.
Die Erschließung der Ölquellen ist nicht nur kostspielig und erfordert eine Menge technischen Know-hows, sondern es schädigt vor allem die Umwelt und steht damit jedem Nachhaltigkeitsgedanken im Wege.

Obwohl noch nicht alle Ölreserven entdeckt und zugänglich gemacht worden sind, sorgt die bevorstehende Verknappung bereits jetzt für ein Umdenken in der Gesellschaft.
Erdöl ist eine endliche Bodenressource, die in absehbarer Zeit erschöpft sein wird. Wenn der Erdölverbrauch nicht drastisch reduziert werden kann, werden wir selbst eines Tages von den Auswirkungen betroffen sein.

Deshalb bedient sich die Industrie in der Kunststoffherstellung zunehmend nachwachsender Rohstoffe, wie Mais, Kartoffeln, Weizen, Zuckerrohr und -rüben, oder Holz. Aus ihnen werden unter anderem Biokunststoffe wie Zellglas oder thermoplastische Stärke gewonnen.

Was ist Bioplastik?

Per Definition kann von Bioplastik gesprochen werden, wenn die Materialien vollständig oder teilweise aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen, also biobasiert sind. Häufig kommen Mischformen zum Einsatz, die nur zu einem geringen Anteil aus nachwachsendem Rohmaterial bestehen.
Zum Bioplastik zählen aber auch solche Kunststoffe, die biologisch abbaubar sind, ganz gleich, ob sie aus pflanzlichen Stoffen bestehen oder nicht. Kunststoffe, die beide Kriterien erfüllen, werden ebenfalls als Bioplastik bezeichnet.

Für den Verbraucher sind die Begriffe oft irreführend. Wer ein biologisch abbaubares Produkt erwirbt (erkenntlich unter anderem an dem „Keimling-Logo“, dem „OK -compost-Logo“ oder dem „Industriell-kompostierbar-DIN-geprüft-Logo“), investiert möglicherweise in einen fossilen Kunststoff auf Erdölbasis und wer sich für eine biobasierte Ware entscheidet, fördert unter Umständen das Müllaufkommen in der Natur.

Als Kunde gilt es deshalb die Augen offen zu halten und sich nicht vom Greenwashing der Großunternehmen täuschen zu lassen.

Bioplastik als geeignete Alternative für fossilen Kunststoff?

In vielen Bereichen stellen Biokunststoffe bereits jetzt schon einen adäquaten Ersatz zu Plastik auf Erdölbasis dar. Grund dafür sind die ähnlichen Grundeigenschaften der zugrundeliegenden Molekülketten.
Bioplastik kann auf unterschiedlichste Art und Weise verarbeitet und eingesetzt werden. Ob als Folie, Tragetasche, Verpackung in der Lebensmittelindustrie, für den Fahrzeugbau oder in der Herstellung von sicherem Kinderspielzeug. Dadurch, dass sich die mechanischen Charakteristika von Bio- und fossilen Kunststoffen weitestgehend entsprechen, können sie mit den gleichen Maschinen aufbereitet werden. So erübrigt sich der kostenintensive Umstieg auf Alternativgeräte.

In Bezug auf Verbundstoffe aus Bioplastik und beispielsweise Papier, können langfristig nicht nur die Entsorgungskosten minimiert, sondern auch die Mülltrennungsprozesse vereinfacht werden. Beide Werkstoffe können gemeinsam entsorgt und der Kompostierung zugeführt werden. Das macht Biokunststoff im Vergleich zu herkömmlichen Kunststoffen zu einer lukrativen Alternative für Großbetriebe.
Ein weiterer Vorteil liegt in der Ressourcenschonung durch rasch nachwachsende Rohstoffe wie Mais, Kartoffeln oder Zuckerrüben.

Unter diesen Gesichtspunkten kann Bioplastik mit den Kunststoffen auf Erdölbasis nicht nur mithalten, sondern ist ihnen zum Teil deutlich überlegen. Fakt ist aber, dass der weltweite Bedarf an Kunststoffen derzeit mit Bioplastik nicht gedeckt werden kann. Die Forschung ist zwar weit vorangeschritten und hat geeignete Alternativkunststoffe entwickelt, diese werden aber noch nicht in ausreichendem Maße oder zu einem annehmbaren Preis hergestellt.

Daneben ist die aktuelle Entsorgungssituation von Biokunststoff noch unzureichend.
Weil Bioplastik für den Laien oftmals nicht von fossilem Kunststoff zu unterscheiden ist, wird es häufig falsch entsorgt. Die Überreste werden dann weder recycelt noch kompostiert, sondern landen in Müllverbrennungsanlagen, was den eigentlich positiven Aspekt der Kompostierbarkeit wieder zunichtemacht.

Aber auch wenn die Mülltrennung korrekt vorgenommen worden ist, kann es zu Problemen im Kompostierverfahren kommen, weil Biokunststoffe nicht so schnell zerfallen wie andere biologische Abfälle. Bioplastik zerfällt teilweise erst bei hohen Temperaturen innerhalb einem Zeitraum von bis zu zwölf Wochen.

Ein weiteres Leck in der Entsorgungskette ist die fehlende Umsetzung von Recyclingmaßnahmen. So kann Bioplastik das in ihm schlummernde Potenzial, mehrfach wiederverwendet zu werden, nicht voll ausschöpfen. Darüber hinaus beansprucht die Produktion von Bioplastik die Umwelt stark. Es wird landwirtschaftliche Fläche benötigt, Düngemittel kommen zum Einsatz, was die natürliche Versauerung der Böden beschleunigt und der natürlichen Artenvielfalt entgegen steht.

Einfache Strategien zur Müllvermeidung

Plastik wird nicht nur im Hinblick auf die begrenzten Ressourcen zum Problem. Es hinterlässt auch Spuren in der Umwelt und schädigt die Gesundheit von Tier und Mensch.
Während sich in den Ozeanen ganze Inseln aus Müll bilden und Meerestiere an den Überbleibseln unserer Konsumgüter verenden, nehmen wir selbst kleinste Kunststoffpartikel über die Nahrung und die Luft auf. Einige der im Plastik verarbeiteten Zusätze, sogenannte Additive, (zum Beispiel Weichmacher oder Bisphenol A) beeinflussen unseren Hormonhaushalt und stehen im Verdacht, Unfruchtbarkeit zu erzeugen und Krebs zu erregen.

All diese Aspekte erklären, weshalb zunehmend gesellschaftliche Strömungen spürbar werden, die dem Plastikkonsum kritisch gegenüberstehen. Jeder einzelne kann seinen Beitrag dazu leisten, Verschmutzungen durch Plastik zu vermindern. Die Handlungsanforderungen dazu sind in aller Regel selbsterklärend: Je weniger der Endverbraucher auf Kunststoff zurückgreift, desto schonender ist das für die Umwelt.
Das Alltagsgeschehen ist bereits jetzt schon durchzogen von Anreizen dazu, wie der eigene Plastikkonsum gedrosselt werden kann. Sie müssen von uns nur aufgegriffen werden. So gibt es die Unverpackt-Läden, in denen Alltagsprodukte ohne Verpackungsmüll erworben werden können. Foodsharing-Stationen ermöglichen einen Austausch an Lebensmitteln und Kleidertauschbörsen sorgen für einen gut gefüllten Kleiderschrank, ohne alte Kleidungsstücke entsorgen und neue hinzukaufen zu müssen. Tauschen statt kaufen. Das entlastet nicht nur den eigenen Geldbeutel, sondern spart vor allem Verpackungsmüll.

Gerade was die Kleidung betrifft, können durch den Umstieg von kunststoffbasierten Materialien wie Polyester, auf Naturfasern, wie reine Baumwollprodukte oder Seide, zusätzliche Effekte erzielt werden.

Polyester, Elasthan, Nylon, Viskose und Konsorten enthalten nicht nur von sich aus Plastik, sondern sie verlieren beim Waschen und Tragen permanent Kleinstbestandteile, die als sogenanntes Mikroplastik in die Umwelt gelangen. Spezielle Waschsäcke verhindern, dass diese Mikropartikel beim Waschen in das Abwasser gelangen können.
Ein weiterer Ansatzpunkt sind die zahlreichen Einwegprodukte. Ob aus Bio- oder fossilem Plastik, die Ökobilanz von Einmalartikeln fällt aufgrund der Ressourcen- und Energiebelastungen im Fertigungsprozess immer schlecht aus. Deshalb sollten kurzlebige Waren komplett vermieden oder durch langlebige Alternativen aus robusten Materialien wie Metall, Holz oder Stoff ersetzt werden.

Fazit

Wer etwas für die Umwelt tun möchte, verzichtet am besten ganz. Auch wenn in der Entwicklung von Bioplastik die positive Tendenz zu einem bewussten Umgang mit endlichen Ressourcen zu erkennen ist, kann darin in den meisten Fällen noch keine geeignete Alternative zu fossilen Kunststoffen gesehen werden.