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Unternehmensanleihen – Risiko und Chance

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Unternehmensanleihe | © stevepb (CC0), Pixabay

In dem Wort Unternehmensanleihe sind die Begriffe Unternehmen und leihen enthalten. Unternehmen leihen sich Geld nicht über den Kredit bei einer Bank, sondern sammeln es auf den Finanzmärkten gegen eine vereinbarte Zinszahlung ein.

Anleihen von Großunternehmen
Viele Großunternehmen begeben Anleihen aus unterschiedlichen Gründen. Das Chemieunternehmen BASF listet auf seiner Internetseite eine Fülle von Anleihen auf, die sich in Laufzeit, Stückelung und Währung unterscheiden (https://www.basf.com/de/company/investor-relations/creditor-relations/basf-bonds/bonds-in-detail.html#2017-32). Manche Anleihen sind in Stücke zu 1.000 Euro unterteilt, bei anderen liegt die Mindestanlagesumme bei 100.000 Euro. Das bedeutet im ersten Fall, dass ein Anleger mindestens 1.000 Euro anlegen muss, im zweiten Fall mindestens 100.000 Euro. Die erste Anleihe kommt somit auch für Kleinanleger in Betracht.
Einige Anleihen der BASF laufen auf Euro, andere auf US-Dollar, das britische Pfund oder Hongkong-Dollar. Ändert sich der Wechselkurs zwischen Euro und diesen Fremdwährungen, ändert sich auch der Wert der Anleihe. Allgemein gilt: Fällt der Eurokurs im Vergleich zu den genannten Fremdwährungen, erhöht sich der Wert der in Fremdwährung gekauften Anleihen, sinkt die Fremdwährung, verliert die Anleihe an Wert.
Alle Anleihen von Großunternehmen werden vorab auf ihre Sicherheit hin eingeschätzt. Der Anleger überlässt dem Unternehmen sein Geld letztlich auf eigenes Risiko. Im schlimmsten Fall bedeutet dies den kompletten Verlust des eingesetzten Kapitals. Dies ist dann der Fall, wenn das Unternehmen aufgrund wirtschaftlicher Probleme nicht dazu in der Lage ist, das geliehene Geld zurückzuzahlen.

Im Falle der BASF tendiert die Wahrscheinlichkeit eines solchen Falles gegen Null. Bei der BASF handelt es sich um das weltweit größte Chemieunternehmen, nach menschlichem Ermessen ist ein Bankrott dieses Aktienunternehmens auf absehbare Zeit so gut wie ausgeschlossen.

Dennoch werden auch Anleihen der BASF von den sogenannten Rating-Agenturen daraufhin überprüft, ob der Anleger damit rechnen kann, das entliehene Kapital samt Zinsen zurückzubekommen. Die bekanntesten Rating-Agenturen sind ‚Standard & Poor’s‘ und ‚Moody’s‘. Sie beurteilen Anleihen nach einer Art Notensystem, wobei die Note 1 der Buchstabenkombination Aaa entspricht, die Note 6 einem C bzw. D. Sämtliche BASF-Anleihen sind mit der bestmöglichen Note Aaa eingeschätzt, das Ausfallrisiko ist zu vernachlässigen. Die schlechteste Note D geht an Unternehmen, die sich bereits in Zahlungsschwierigkeiten befinden. Wer Anleihen mit einem Rating D kauft, muss fast sicher damit rechnen, sein Kapital ganz oder teilweise zu verlieren.

Unterschied Unternehmensanleihen von Großunternehmen zu Mittelstandanleihen
Die Bewertung von Anleihen ist mit Kosten verbunden. Die Ratingagenturen lassen sich ihre Einschätzungen bezahlen. Je höher der Anleihebetrag, desto geringer fallen im Verhältnis dazu die Kosten für das Rating aus. Deshalb haben Großunternehmen kein Problem, eine oder mehrere Ratingagenturen für eine neutrale Einschätzung zu beauftragen.

Nicht alle Mittelstandanleihen unterliegen einer solchen Einschätzung. Natürlich wird der Emittent, also das Unternehmen, das sich über eine Anleihe Geld ausleihen möchte, dem umworbenen Anleger versichern, dass sein Geld bei einem attraktiven Zinssatz bestens angelegt ist. Neutral sind solche Aussagen allerdings nicht. Natürlich kann man auch die Urteile von Ratingagenturen anzweifeln, doch dürften sie in jedem Falle objektiver sein als die Selbstdarstellung des Emittenten.

Eine Anleihe ohne Rating sollte deshalb vom Anleger mit größter Vorsicht betrachtet werden.

 

Risikoeinschätzung und Zinssatz
Die Zinssätze von Mittelstandanleihen liegen in der Regel deutlich über denen von Großunternehmen. Dies macht sie scheinbar zu attraktiven Anlageprodukten. Doch wie bei allen Geldanlagen gilt der Grundsatz, dass höhere Renditen mit einem höheren Risiko einhergehen. Zwar versprechen die Emittenten, das ausgeliehene Geld plus der vereinbarten Zinsen zurückzuzahlen, doch gibt es dafür keine Sicherheiten. Im Falle einer Insolvenz muss der Anleger im schlimmsten Falle mit dem Gesamtverlust seines eingesetzten Kapitals rechnen.

 

Nur Anlageprodukte kaufen, die der Anleger versteht
Bundesanleihen oder auch Bundesschatzbriefe galten lange Zeit als attraktive und sichere Geldanlage. In Zeiten niedriger Zinsen locken Mittelstandanleihen mit einem attraktiven Zinssatz ohne Kursschwankungen wie auf dem Aktienmarkt, wenn die Anleihen bis zur Tilgung gehalten werden. Private Anleger können häufig aber nicht einschätzen, ob ein mittelständisches Unternehmen auch in Zukunft so erfolgreich arbeiten wird, dass es die aufgenommenen Schulden auch wird zurückzahlen können. Denn mittelständische Unternehmen sind allein aufgrund ihrer Größe anfälliger für Missmanagement oder Wirtschaftskrisen.

 

Mittelständische Unternehmen wesentlich kleiner als Großunternehmen
Kleine und mittlere Unternehmen dominieren in Deutschland das Wirtschaftsgeschehen. In der Summe spielen sie eine größere Rolle für den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands als die bekannten Großunternehmen des Deutschen Aktienindexes DAX.
Als Mittelständisches Unternehmen gelten Betriebe mit deutlich über 50 Mitarbeitern und einer maximalen Mitarbeiterzahl von 500. Ihr Jahresumsatz liegt deutlich unter 50 Millionen Euro.

Auch wenn mittelständische Unternehmen somit das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bilden, liegen die Risiken für Anleger, die Mittelstandanleihen kaufen, wesentlich höher als bei Anleihen von Großunternehmen.

Beispiel Deutsche Telekom – Verluste bei Aktien, sichere Anleihen
Die Aktien der Deutschen Telekom haben seit dem Börsengang rapide an Wert verloren. Wer zu Höchstkursen eingekauft hat, musste große Verluste hinnehmen.
Gleichzeitig hat die Deutsche Telekom immer wieder Anleihen aufgelegt. Käufer dieser Wertpapiere haben ihr eingesetztes Kapital bislang immer pünktlich samt Zinsen zurückerhalten. Der Aktienkurs spiegelt nicht immer den realen Wert eines Unternehmens wider, außerdem bedeuten sinkende Aktienkurse nicht zwangsläufig, dass ein Großunternehmen ernsthaft in Gefahr geraten ist.

Allein aufgrund seiner Größe und seiner Marktposition war und ist die Deutsche Telekom in der Lage, Anleihen zuverlässig zu bedienen.

 

Mittelstandanleihen nur als Beimischung im Portfolio
Weil Mittelständler aufgrund ihrer begrenzten Größe bei weitem nicht die Ausfallsicherheit bieten können wie Großunternehmen, sollten Anleger nur einen kleinen Teil ihres Kapitals in dieses Anlageprodukt investieren, sodass sie im schlimmsten Fall einen Totalverlust verschmerzen könnten.

 

Alternative: Fonds im High Yield-Bereich
Das Risiko, dass ein einzelner Mittelständler insolvent wird, ist wesentlich höher als dass alle deutschen mittelständischen Unternehmen in Schwierigkeiten geraten könnten. Deshalb empfiehlt es sich für private Anleger, über einen entsprechenden Fonds das die Chancen von Unternehmensanleihen zu nutzen, ohne das Risiko eines Gesamtverlustes seines Kapitals einzugehen.

High Yield Anleihen sind Anleihen mit höherem Risiko und damit verbunden auch höheren Zinserträgen. Ein Fonds, der in solche Anleihen investiert, hat für den Anleger den Vorteil, dass er mit jedem Anteil Anleihen von vielen einzelnen Unternehmen kauft. Dadurch wird eine deutliche Risikostreuung erreicht und ein sogenanntes Klumpenrisiko verhindert. Ein Klumpenrisiko besteht dann, wenn der Anleger quasi alles auf eine Karte setzt. Kauft er für 10.000 Euro Anleihen eines mittelständischen Unternehmens, ist die Sicherheit seines eingesetzten Kapitals untrennbar verbunden mit dem wirtschaftlichen Erfolg dieses Unternehmens. Erwirbt er für den gleichen Betrag Anteile an einem High Yield-Fonds, können Verluste einzelner im Fonds enthaltener Anleihen durch die Einnahmen anderer Schuldner ausgeglichen werden.