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Warum sollte man eine Lebensversicherung nicht verkaufen, sondern über einen Rechtsanwalt kündigen lassen?

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geralt (CC0), Pixabay
Lebensversicherung kündigen oder verkaufen?

Wer eine Lebensversicherung hat und die aktuellen Nachrichten verfolgt, fragt sich oft, ob es nicht besser wäre diese zu kündigen und sein Geld anderweitig zu investieren.

Es gibt 3 Möglichkeiten, um eine Lebensversicherung loszuwerden oder an Geld zu kommen:

  • Beleihen
  • Verkaufen
  • Kündigen

 

Die Lebensversicherung beleihen

Bei der Beleihung einer Lebensversicherung wird von den Versicherungsunternehmen oder von Banken bzw. spezialisierten Vermittlern ein Kredit gewährt. Die Lebensversicherung läuft trotzdem weiter und es werden weiterhin die Beiträge gezahlt. Außer, wenn der Vertrag beitragsfrei gestellt wurde. Der Todesfallschutz bleibt somit erhalten, ebenso der Anspruch auf Auszahlung nach Vertragsablauf. Damit die Lebensversicherung später jedoch ausgezahlt werden kann, muss der Kredit zurückgezahlt werden. Anderenfalls geht der Vertrag und somit die Rechte aus diesem, an den Kreditgeber über. Dieser kann dann den Vertrag verkaufen bzw. kündigen und den Rückkaufswert erhalten. Ein Vergleich lohnt hier. Denn oft sind günstige Zinssätze möglich. Ein weiterer Vorteil bei der Beleihung ist, dass kein Schufa-Eintrag erfolgt, anders als bei regulären Krediten. Eine Prüfung der Kreditwürdigkeit erfolgt dennoch.

 

Die Lebensversicherung verkaufen

Wer Geld benötigt und seinen Versicherungsschutz dennoch behalten möchte, zieht möglicherweise den Verkauf einer Kündigung vor. Oft ist ein um 2-4% höherer Beitrag, als bei einer Kündigung möglich. Was viele jedoch außer Acht lassen, ist, dass bei älteren Verträgen höhere Garantiezinsen gelten und am Ende ein Bonus ausgezahlt werden kann, sollte das Versicherungsunternehmen gut gewirtschaftet haben. Die Ansprüche darauf verkauft man mit.

Viele Aufkäufer setzen voraus, dass der Rückkaufswert mindestens 10.000 € beträgt und der Vertrag schon eine Weile läuft. Ist der Vertrag nach dem 31.12.2004 zustande gekommen, fallen auf den Verkaufsgewinn Steuern an. Verträge davor müssen mindestens 12 Jahre gelaufen sein, um steuerfrei Auszahlungen und Verkaufserlöse zu erhalten.
Ein Verkauf der Lebensversicherung macht eher Sinn, wenn das Geld langfristig benötigt wird, da eine Beleihung bei kurzfristiger Geldnot sinnvoller ist. Beim Verkauf werden die Beiträge vom Käufer aufgebracht. Dieser erwirbt auch den Anspruch auf die spätere Auszahlung inklusive Überschüsse. So kann es sein, dass der Policenaufkäufer einen ansehnlichen Gewinn einstreicht.

Leider gibt es am Markt neben den seriösen Aufkäufern auch viele unseriöse. Eine Orientierung ist hier, ob diese Unternehmen von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beaufsichtigt werden und/oder mit dem Bundesverband Vermögensanlagen im Zweitmarkt Lebensversicherungen (BVZL) zusammenarbeiten.

 

Die Lebensversicherung kündigen

Die Option der Kündigung einer Lebensversicherung wird oft als die schlechteste Option dargestellt. Dennoch kann sie unter Umständen sogar Sinn machen. Es ist ratsam hierfür einen Anwalt aufzusuchen. Vor allem bei größeren Summen sollte genau analysiert werden, welche Vorgehensweise die beste ist. Bei einer Kündigung wird nur der Rückkaufswert erstattet. Von diesem werden die Abschlusskosten abgezogen.
Unter Umständen führt dies zu herben Enttäuschungen und Verlusten. Mit der Hilfe eines Rechtsanwaltes kann festgestellt werden, ob eine andere Art der ,,Kündigung“ genutzt werden kann, um die Lebensversicherung loszuwerden.

Bevor ein Vertrag gekündigt wird, kann ein Rechtsanwalt feststellen, ob es möglich ist den Vertrag zu widerrufen bzw. von ihm zurückzutreten. Diese Möglichkeit ist relativ unbekannt bei Verbrauchern und doch aufgrund des BGH Urteiles vom 07. Mai 2014 (Az.: IV ZR 76/11) bei vielen Verträgen anwendbar. Somit können auch Lebensversicherungen, die bereits sehr lange laufen, nachträglich aufgelöst werden. Zwei weitere BGH-Urteile vom 29. Juli 2015 (Az.: IV ZR 384/14 und IV ZR 448/14) beinhalten, welche Kosten der Versicherer in Abzug bringen darf. Die Abschluss- und Verwaltungskosten gehören nicht dazu.

Es ist wahrscheinlich, dass viele Verträge aufgrund fehlerhafter Widerspruchsbelehrung unter dieses ,,ewige Widerspruchsrecht“ fallen könnten.
Wer ein Schreiben hierzu ohne Rechtsbeistand aufsetzt, wird von den Versicherungsunternehmen mit einem Antwortschreiben abgeschmettert.

Selbst wenn die Lebensversicherung bereits gekündigt wurde, ist ein Widerruf oder Rücktritt möglich. Auch nachdem der Rückkaufswert ausgezahlt wurde.
Ein Anwalt prüft die Möglichkeiten. Sofern eine Privat-Rechtsschutzversicherung vorhanden ist, kann in den meisten Fällen über diese ein Gerichtsverfahren abgedeckt werden.

Voraussetzung dabei ist, dass überhaupt erst ein Rechtsschutzfall produziert wird. Dies ist dann der Fall, wenn das Antwortschreiben der Versicherungsgesellschaft bezüglich des Widerrufs/Rücktritts vom Versicherer abgelehnt wurde. Danach können weitere Schritte erfolgen.

 

Was ist der Grund für Verkauf, Kündigung oder Beleihung?

Diese Frage sollte man sich immer stellen, bevor man sich dazu entscheidet seinen Vertrag zu beenden. Wichtig ist natürlich auch die eigene Situation und Einstellung. Grundsätzlich steht die Frage im Raum, warum man seine Lebensversicherung kündigen oder verkaufen bzw. beleihen will. Ebenso sollten die Leistungen und die Art des Vertrages berücksichtigt werden. Ist es eine reine Kapitallebensversicherung oder besteht möglicherweise eine Kombination mit einem Berufsunfähigkeitsschutz oder sonstiges. Wird hier eine wichtige Absicherung gekündigt, kann sich das unter Umständen sehr nachteilig auswirken.
Was mit dem Geld geplant ist, spielt auch eine wichtige Rolle. Wird kurzfristig Geld benötigt, um einen Engpass zu überbrücken, macht es eher Sinn, die Lebensversicherung zu beleihen. Ist das Geld jedoch längerfristig geplant, sollte ein Verkauf oder eine Kündigung in Erwägung gezogen werden. Wer jedoch Geld langfristig anlegen möchte, sollte auf die garantierte Ablaufleistung achten und seine Risikobereitschaft einschätzen können. Für manch einen sind sichere 2% beruhigender, als turbulente und unsichere 7% durch Aktienfonds.

Im Voraus ist es grundsätzlich vorteilhaft ein ausführliches Gespräch zu vereinbaren, um Verträge und Möglichkeiten abzuwägen.