Start Politik Berlin Brandenburg – ein Bundesland macht das Sinn?

Berlin Brandenburg – ein Bundesland macht das Sinn?

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Berlin Brandenburg | © Alexas_Fotos (CC0), Pixabay

Wer hätte von der Fusion Berlin-Brandenburg tatsächlich profitiert?

Berlin-Brandenburg sollte das neue Bundesland der Republik Deutschland heißen. Doch die Fusion zwischen Berlin und Brandenburg scheiterte. Vor 20 Jahren widersetzten sich nämlich die Brandenburger bei der Volksabstimmung gegen die Fusion mit der heutigen Bundeshauptstadt. Heute sind die Brandenburger überzeugt, dass es die richtige Entscheidung war. Eine Fusion hätte wohl nur den Berlinern geholfen. Doch wie stehen die Chancen, dass es doch noch zu einer Zusammenlegung kommt? Folgt man den Experten, ist die Fusionierung schon seit Jahren kein Thema mehr. Es wird zwar (noch immer) gerne darüber diskutiert, jedoch völlig wertfrei und ohne Hintergedanken. Auch Berlin hat sich, Jahre nach der gescheiterten Fusion, mit dem Thema abgefunden.

Brandenburg entschied sich gegen die Zusammenlegung

Dietmar Woidke (SPD), Brandenburgs Regierungschef, war ein Befürworter der Fusion. „Ich war wirklich davon überzeugt“, so Woidke heute. „Mein Telefon hat ständig geläutet. Die Leute hatten Angst, dass es tatsächlich zu einer Fusion mit Berlin kommt. Ich habe immer nur die Vorteile aufgezählt“, erinnert sich Woidke. Heute sieht Woidke – fast 21 Jahre nach der Volksabstimmung – die Sache aber anders. Am 5. Mai 1996 war er jedoch enttäuscht. Die Fusion scheiterte. Das Projekt, Berlin-Brandenburg zum fünftgrößten Bundesland Deutschlands zu machen und Potsdam zur Hauptstadt zu küren, scheiterte. Die Gespräche, die 1991 begannen und der Staatsvertrag, der 1994 ausgehandelt und ein Jahr später von den beiden Parlamenten verabschiedet wurde, konnten die Brandenburger nicht überzeugen. Auch die Allianz, die sich für die Fusion stark machte, hatte keinen wesentlichen Einfluss auf das Gelingen der Fusion. An vorderster Front waren Eberhard Diepgen (CDU) und Manfred Stolpe (SPD), die damaligen Regierungschefs. Mit dabei natürlich die Parteien der beiden Politiker, diverse Unternehmerverbände, die Gewerkschaften und auch die Kirchen. Selbst die Medien waren auf den Zug aufgesprungen und erkannten in der Fusion eine unglaubliche Chance für das Land. Geklappt hat es aber trotzdem nicht. Auch wenn die Berliner mit 53,4 Prozent für die Fusion stimmten, sprachen sich in Brandenburg 62,7 Prozent der Bürger gegen die Zusammenlegung aus. Stolpe sprach noch am selben Abend vom Rücktritt und ärgerte sich über den entstandenen „Scherbenhaufen“.

Eine „komplizierte“ Beziehung

Heute könnte man die Beziehung zwischen Berlin und Brandenburg als „kompliziert“ bezeichnet. Alle Jahre tagen die Regierungen – zumindest einmal – miteinander. Einerseits wird kooperiert, wenn es nötig oder gar unausweichlich ist, andererseits gibt es manchmal ein paar Sticheleien und Speerspitzen. Ansonsten lässt man sich – wie das bei gescheiterten Beziehungen eben der Fall ist – in Ruhe. Die Institutionen, die einst extra zusammengelegt wurden, arbeiten geräuscharm. Hin und wieder fallen sie durch positive Akzente auf, hin und wieder sind es schlechte Entscheidungen, die getroffen werden. Am Ende wirkt es aber, als würden die Institutionen noch immer getrennt voneinander arbeiten. Ob Rundfunkanstalt, Statistikamt oder Landesplanung – oftmals gibt es auch gravierende Unterschiede bei den jeweiligen Entscheidungen, die vor allem die Bürger ausbaden müssen. So etwa die Familien. Während die Berliner Kitas auf Elternbeiträge verzichten, sind in Brandenburg – also nur ein paar Kilometer weiter – monatliche Gebühren von 100 Euro, 200 Euro oder manchmal sogar 300 Euro fällig.

Welche Rolle spielt die Landesgrenze?

Die Landesgrenze spielt, zumindest im Alltag, aber keine Rolle mehr. Natürlich lädt das Umland am Reformationstag zum Shoppen ein. Es gibt zudem 170.000 Brandenburger, die tagtäglich nach Berlin fahren, weil sie in der Bundeshauptstadt einen Job haben. 80.000 Berliner ärgern sich hingegen über die (scheinbar) nie pünktlichen S-Bahnen, wenn sie nach Brandenburg fahren. Ein Teil steht wieder im Stau und verflucht die vielen Autos. Doch hätte es diese Probleme wirklich nicht gegeben, wenn die Brandenburger der Fusion zugestimmt hätten? Es waren klassische „Anti-Kater-Rituale“, die nach der gescheiterten Fusion abgehalten wurden: Klaus Wowereit, der damalige Berliner Bürgermeister, wollte einen neuen Anlauf wagen, wurde aber von den Brandenburgern zurückgewiesen. Heute hat sich Berlin jedoch abgefunden. Michael Müller, der amtierende Bürgermeister der Stadt, hat kein Interesse mehr an einer Fusion. Natürlich gibt es hin und wieder Diskussionen über eine Zusammenlegung; dabei unterhalten sich die Verantwortlichen aber nur über mögliche Entwicklungen oder Vor- und Nachteile. Derartige Gespräche sind, so betonen die Verantwortlichen und Regierenden, jedoch immer wertfrei und ohne Absichten.

Berlin und Brandenburg bleiben getrennt

Bei offiziellen Reden spricht man gerne von der „gemeinsamen Hauptstadtregion“. Ein Begriff, den es in der politisch-medialen Kultur aber nicht gibt. Natürlich gibt es auch Unterschiede zwischen den einzelnen Landesverbänden der eigenen Parteien. Unterschiede gibt es auch bei den Entwicklungen in den beiden Ländern. Während Berlin mit der Armut kämpft, konnte sich Brandenburg, ein Land, das in den 1990er Jahren noch das Schlusslicht im Osten war, definitiv erholen und durchstarten. Heute liegt die Arbeitslosigkeit bei 9 Prozent – vor 20 Jahren waren rund 20 Prozent der Brandenburger auf Jobsuche. Brandenburg hat also von der Nicht-Fusion profitiert. Das behaupten zumindest die Gegner der Zusammenlegung. Doch hätte das Land noch besser abgeschnitten, wenn es mit Berlin zusammengelegt worden wäre? Am Ende bleiben nur Spekulationen.